Veröffentlicht am

Interview Jens Lindner mit Mohamad Al-Hakim

Interview_mit_Jens_Lindner_AMZPro

Jens Lindner: Hand aufs Herz, weißt du, wie man richtige Produktfotos macht? Produktfotos, die auch Kunden dazu verleiten, direkt zu kaufen, ohne sich vielleicht sogar noch den Wettbewerber anschauen zu müssen? Weißt du, wie du mit den richtigen Produktfotos viel mehr Geld verdienen kannst und wie du deine Conversion-Rate durch die Decke gehen lassen kannst? In diesem Interview habe ich einen Experten am Start, der dir genau erklärt, wie das funktioniert.

Mohamad: Ich bin Mohamed, 83-er Jahrgang, Inhaber und Geschäftsführer der Firma AL-Hakim E-Commerce GmbH und bin Produktfotograf, Amazon- und eBay-Händler, Betreiber von vier Onlineshops und spezialisiert auf Produktfotografie. Meine Dienstleistung in diesem Bereich biete ich für Händler an, die im Bereich der Produktfotos nicht so erfahren sind und sich auf diesem Gebiet weiter verbessern möchten. Zu diesem Thema führen wir das Interview.

Jens Lindner: Gute Produktfotos waren auch bei mir die schlimmsten Anfänge überhaupt. Als ich das erste Mal Bilder für meine Produkte erstellte, hatte ich keine Ahnung, dass die alle auf weißem Hintergrund fotografiert werden müssen. Ich las ja nicht die Terms of Service, sondern machte meine Fotos und stellte sie rein. Das Produkt war einfach an eine Wand gestellt und fertig. Es wurde dann mit der freundlichen Aufforderung das Produkt vor einem weißen Hintergrund abzubilden, gesperrt. Das war dann für uns denn der Startschuss, wo wir uns überlegt haben, machen wir das eigentlich selber oder suchen wir uns einen Fotografen, der sich wirklich damit auskennt? Wir reden über Fotografie und nicht vom Knipsen. Das ist eben ein Unterschied, denn knipsen, das kann jeder. Aber wirklich fotografieren, sodass die Produkte auch im rechten Licht erscheinen und damit meine ich jetzt nicht nur die Beleuchtung, die man rundherum aufstellt, sondern mit dem Bild auch wirklich triggern. Damit den Kunden davon zu überzeugen, das Produkt jetzt in den Warenkorb zu werfen und es sich dann von Amazon zuschicken zu lassen. Ich glaube, das ist das große Geheimnis und da hast du auch den größten Hebel an der Stelle.

Mohamad: Wir versuchen natürlich uns auch jeden Tag weiterzubilden. Das Niveau von vor zwei Jahren oder von vor vier Jahren ist nicht das, das wir heute anbieten. Auch wird das nicht das sein, was wir in fünf oder zehn Jahren anbieten werden. Da bin ich mir zu einhundert Prozent sicher, denn wir verfahren nach dem Motto „Wer rastet, der rostet“. Entsprechend muss man sich permanent weiterentwickeln.

Lindner: Ja, da stimme ich dir zu. Schau dir doch die Fotos auf Amazon an, die sind großartig, egal von welcher Nationalität die da bereitgestellt werden. Manchmal erstarre ich wie die Maus vor der Schlange, wenn ich sehe, was die Asiaten da plötzlich für Fotos heraushauen. Diese Geschichte muss ich noch schnell erzählen, bevor es weitergeht: Vor zwei Jahren hab ich mal eine Agentur, die vorher noch nie Fotos gemacht hat, beauftragt für mich Fotos in China zu machen, weil ich dachte, wenn die Ware noch unterwegs nach Deutschland ist, dann können die schon mal anfangen, die Fotos zu schießen. Die haben sich die teuerste Kamera überhaupt gekauft, eine richtig teure Nikon für 5000 Euro oder mehr. Aber die hatten keine Ahnung, wie das Ding zu bedienen ist. Die wussten nicht, was eine Blende oder was die Belichtungszeit ist. Die haben mit 5 Sekunden Belichtungszeit aus der freien Hand fotografiert und haben sich gewundert, dass das Bild verwackelt ist. Also, ich bin schon nicht der Experte im Fotografieren, aber das hätte ich jetzt tatsächlich auch noch gewusst. Aber die hatten wirklich keine Ahnung. Die dachten, die können das mit Technik und mit Geld erschlagen, doch das ist nicht so.

 

Mohamad: Besonders, je teurer die Kamera ist, desto mehr Einstellungen hat sie. Damit muss man sich natürlich dann auch auskennen. Einfach mal ein Handy irgendwie hinhalten und einmal knipsen und fertig, ist natürlich viel einfacher. Da muss man gar nichts können. Aber sobald man in einem professionellen Bereich anfängt, da muss man mindestens wissen, was eine Blende, was der ISO-Wert bedeutet, was eine Verschlusszeit ist und wie die sich zueinander verhalten. Fachwissen ist essenziell. Ich kann jetzt zum Beispiel nicht auf Blende 12 und höher gehen und dann mit einer Auslösung von zwei Sekunden erwarten, dass das alles Freihand geht und gute Bilder entstehen. Aber, das ist auch nur der Grundbereich in der Produktfotografie. Das ist nur eine der vielen Säulen, die einen professionellen Produktfotografen ausmachen. Es ist nur Mittel zum Zweck, wie bei einem guten Koch, der seinen Herd benutzen können muss, aber kein Meister darin sein muss, einen Herd zusammenzubauen.

Lindner: Genau, der muss wissen, wie er ihn einstellen muss. Das ist ein wundervolles Beispiel, das jeder nachvollziehen kann. Du kannst einen noch so teuren Herd haben, wenn du damit nicht umgehen kannst oder die Gerichte einfach zu lange darauf stehen lässt, verbrennen die genauso auf dem teuren, wie auch auf dem billigen Herd. Ich habe mir damals vieles übers Internet angeeignet. In einem Einsteiger-Tutorial wurde erklärt, was eine Blende ist, was ein ISO-Wert ist, was die Belichtung ist und wie das zueinander passt und wie man entsprechend die Kamera einstellt und so weiter und so fort. Aber jetzt werde ich dir nämlich das Wort überlassen, denn jetzt geht es um ein wirklich wichtiges Thema, viel wichtiger als das, wie man eine Kamera einstellt, sondern um die Psychologie, die dahintersteht. Was genau muss ich fotografieren? Wie muss ich es fotografieren? Welche Stimmung muss ich haben, damit ich den Kunden überzeugen kann? Da würde ich dich jetzt bitten, dass du uns das einfach mal näher bringst. Die allererste Frage, die sich jeder stellt, ist natürlich: Was ist denn so wichtig an Fotos? Der Asiat würde sagen, es ist doch nur wichtig, dass man das Produkt darauf erkennt. Es ist doch egal, wie letztendlich das Bild aussieht. Aber was ist jetzt so wichtig?

 

Mohamad: Schweifen wir ein bisschen ab und gehen erst mal weiter zurück und versuchen zu erkennen, wie das menschliche Gehirn funktioniert. Das ist in diesem Zusammenhang notwendig. Wie viele Wörter kann ich pro Minute lesen? Statistisch betrachtet kann ich pro Minute zwischen 350 und 400 Wörter lesen. Wenn ich nun ein Bild zwei Minuten lang komplett anstarre, wie viele Wörter kann ich daraus erzielen? Stelle dir mal folgende Szene vor: In einer schönen Landschaft fährt ein roter Sportwagen einer Premiummarke, in dem ein Mann hinter dem Steuer sitzt, der neben sich eine Frau sitzen hat. Auf dem Rücksitz befindet sich ein großer Hund. Es regnet ein wenig und das Licht der Straßenlaterne spiegelt sich in einer Pfütze. Im Hintergrund siehst du eine wunderschöne alte Villa, an der ein Ziegelstein kaputt ist. Davor geht eine Frau mit ihrem Hund Gassi. Das alles findet während der Abenddämmerung statt. Wenn du die gesamten Details aufschreiben möchtest, wie lange würdest du dafür brauchen? Aber viel wichtiger ist die Frage, wie lange bräuchte ein Leser, um genau das zu verstehen, was du meinst?

 

Lindner: Eine Stunde oder gar länger, um das aufzuschreiben. Da müsste ich jetzt einen Buchautor fragen, der wüsste, wie er das wahrscheinlich einfangen würde. Aber, es ist ja nicht nur die Szene an sich, du erfasst auch eine Stimmung und transportierst sie.

 

Mohamad: Genau, das kommt ja noch dazu. Es heißt, das menschliche Gehirn ist in der Lage circa 30.000 Wörter pro Minute zu erfassen, wenn man sich ein Bild zwei Minuten lang anschaut. Deswegen sagt man auch: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Also hat diese Aussage schon eine wissenschaftliche Bedeutung. Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel sagen möchte, die Bratpfanne besteht aus fünf Schichten, jede einzelne Schicht hat eine bestimmte Funktion, sie ist Induktionsfähig, sie kann für verschiedene Herde benutzt werden, ich kann sie unbegrenzt wieder neu beschichten lassen und es handelt sich um eine Edelstahlschicht, bräuchte ich dafür mit Worten sehr lange für die Erklärung. Packe ich das Ganze in ein Bild, in dem das schön aufbereitet und visuell dargestellt ist, dann erfasse ich die gesamten Informationen binnen zwei, drei oder vier Sekunden komplett.

 

Was hat das für ein Vorteil? Meist hat der Kunde für die Produktsuche oft sehr wenig Zeit. Er scrollt in der Regel, oftmals abends oder während seiner Mittagspause durch die Angebote und schaut sich irgendetwas an. Dort stehen dann ellenlange Texte zu dem Produkt, zu der Qualität und ein bisschen Keyword Spamming ist auch noch mit dabei. Aber der Kunde möchte das nicht unbedingt alles lesen. Es ist zwar gut, dass man seine Texte einwandfrei aufbereitet, doch das dient erstens mehr dem Suchalgorithmus und zweitens, wenn der Kunde dann noch weitere Fragen hat, dann kann er sich die Texte noch mal durchlesen. Aber wenn er sich die Bilder anschaut und die Fragen, die der Kunde an dieses Produkt stellt, in den Bildern beantwortet bekommt, warum soll er sich dann noch die Bullet Points, den gesamten Content und wenn es vielleicht noch ein A+ Verkäufer ist, der noch mehr Text anbietet, ansehen? Da verbringt er vielleicht 30 Minuten auf seinem Listing. Warum soll er das tun? Ich habe alle meine Informationen, die ich benötige in den Bildern, und zwar kategorisiert nach der Wichtigkeit der Keywörter. Wir benutzen zum Beispiel ein Analysetool bei der Produktrecherche für die Produkte, die wir für unseren Kunden erstellen.

Aus den Ergebnissen dieser Analysetools wie „Amalyze“ oder auch „Amazon Suggestion“ lassen sich sehr viel Informationen ableiten. Nehmen wir mal als Beispiel eine Bauchtasche. Wenn ich „Bauchtasche“ eingebe, dann kommt als erstes Ergebnis „Herren“ oder „Damen“, als Zweites folgt „Schwarz“, dann kommt vielleicht „Leder“, „verlängerbarer Gurt“, „5 Innenfächer“, „Metall-Reißverschluss“, „mit Handyfach“, „ohne Handyfach“ und so weiter. Daran kann man erkennen, welche Fragen der Kunde hat, die er unbewusst eingibt, wenn er „Bauchtasche“ eingibt. Das sind die Fragen, die der Kunde hat. Doch bevor der Kunde sich diese Antworten in dem Listing mühselig raussucht, beantworten wir sie direkt aktiv, ohne dass sie uns gestellt wurden. Schließlich ist nicht jede Bauchtasche wie die andere Bauchtasche. Die eine besteht aus Stoff, die andere besteht aus Leder. Die eine hat einen verlängerbaren Gurt, die andere hat keinen und so gibt es viele weitere Unterschiede mehr.

 

All diese Informationen, kurz, knackig, wichtig, sortiert nach der Relevanz, also nach der Wichtigkeit, die wir von „Amalyze“ herausziehen oder auch aus „Amazon Suggestion“, die in der Suchanfrage herausgegeben werden, suchen wir raus. Wir priorisieren Sie nach der Suche sowie nach der Wichtigkeit und designen dementsprechend unsere Bilder. Das haben wir so vor zwei Jahren nicht gemacht. Wir haben uns zwar mit der Fotografie und mit dem Grafik-Design mit der Erfahrung als Händler beschäftigt, da ich ja selber sehr lange Händler bin, aber irgendwann habe ich mir die Fragen gestellt: Was ist das überhaupt? Wie kann ich das bezeichnen? Wie kann ich das verstehen? Wie kann ich das abstrakt darstellen? Was mache ich überhaupt den ganzen Tag? Und dann ist das eigentlich nichts anderes, als eine reine Verkaufspsychologie. Also, was wir machen ist nicht nur die Fotografie oder das Grafik-Design, das kann jeder machen, der mit Photoshop irgendetwas freistellen, Farben ändern oder Ähnliches kann. Mit zwei, drei Jahren Übung ist das eigentlich kein Problem. Mit der Fotografie ist es genau das Gleiche. Ich erkläre in einem zwei Stunden Workshop was die Blende ist, was ISO bedeutet und dann kannst du einigermaßen fotografieren.

 

Aber was brauche ich? Also, was ist die Essenz, das Ganze optimal zusammenzustellen? Ich nehme immer als Beispiel die Pole-Position in der Formel 1. Was muss ich alles haben, um den ersten Platz bei der Formel 1 zu belegen? Den besten Fahrer alleine zu haben reicht nicht. Das schnellste Auto alleine reicht nicht. Das beste Team, die besten Mechaniker reichen nicht. In jeder Sparte brauche ich den Besten mit seinem Know-how, weil ich nur dann den ersten Platz erreichen kann. In der Produktfotografie zähle ich dazu, ich will damit aber jetzt nicht sagen, dass ich der Beste bin, denn es gibt sehr viele Agenturen, die auch gute Arbeit leisten, aber ich beschäftige mich aktiv damit. Die Essenz der Produktfotografie ist es nicht nur schöne Bilder zu gestalten, sondern auch die Produkte emotional darzustellen und mit den Bildern direkt auf die Fragen zu antworten. Das Ganze stellen wir visuell dar, anstatt Schicht 1, Schicht 2, Schicht 3 oder Produkt 1, Produkt 2, Produkt 3 oder die Farben aufzuzählen. Wenn man es dem Kunden so visuell offeriert, dann versteht er all diese Informationen, die er benötigt mit einem Blick und dann steht die Kaufentscheidung. Unser Motto lautet immer: so einfach wie möglich, von der Galerie zum Warenkorb.

Lindner: Die Fragen des Kunden zu beantworten ist ein guter Punkt, denn der Kunde hat zunächst Fragen. Erst einmal ist der Kunde unsicher, ob das Produkt überhaupt für seine Zwecke einsetzbar ist. Das muss man jetzt schon in den Fotos erklären können. Es ist der Königsweg, wenn du es mit Bildern erklären kannst, dann brauchst du es nicht in dem Bullet Point zu erklären. Du sagtest, du kriegst die Fragen von „Amalyze“ oder von „Amazon Suggest“, hast du auch schon mal „Answer The Public“ probiert?

 

Mohamad: „Answer The Public“ ist bei mir sogar in den Favoriten abgespeichert.

 

Lindner: Das ist noch mal so ein Tipp, dass man einfach da reinschaut und sagt „Hey, wozu gibt es eigentlich die meisten Fragen?“ Wir nutzen zwar jetzt nicht „Answer The Public“, sondern ein anderes Tool namens „Searchmetrics“. Zum Bereich Fragen machen wir einen Haken dran, denn wir wissen, welche Fragen der Kunde zu dem Produkt hat. Jetzt sprichst du von Stimmungsbildern und das ist natürlich etwas, das ganz tief in die Psychologie der Nutzer geht. Daran hab ich auch lange herumgedoktert und lange probiert, um herauszufinden wie das beste Bild funktioniert. Worauf muss man einsteigen? Wer ist der Käufer? Ist das die erste Frage, die man sich stellt? Wer kauft das Produkt oder wo fängt die erste Frage an, um überhaupt eine Stimmung zu kreieren, die passt?

 

Mohamad: Zunächst muss ich wissen, wer überhaupt meine Zielgruppe ist. Dabei meine ich nicht meine Zielgruppe als Produktfotograf, sondern ich rede nur von dem Endkunden. Mein Auftraggeber, der steht mir zur Seite, indem er mir sein Briefing für sein Produkt gibt und dann trinkt er seinen Kaffee, bis seine Produkte fertig dargestellt sind. Ich kommuniziere mit dem Endkunden. Nehmen wir mal an, ich verkaufe einen Dia-Scanner. Ein Scanner, mit dem du die alten Dias scannst und sie so digitalisierst. Wer kauft sich ein Dia-Scanner? Ein 20-Jähriger?

 

Lindner: Mein Vater, der ist 80 Jahre alt.

 

Mohamad: Was möchte dein Vater über den Dia-Scanner wissen? Möchte er wissen, wie schnell das Dia gescannt wird, welcher Chipsatz darin ist, welche Farbe das Gerät hat und wie lang das Kabel ist oder möchte er seine Erinnerung aus seiner Jugend haben, als er seine heiße Flamme getroffen hat, als er geheiratet hat, als er seine Kinder bekommen hat und als seine Kinder geheiratet haben? Er möchte seine ganzen schönen Erinnerungen haben. Das sind Emotionen, die er abrufen will. Emotionen bedeuten nicht, dass die Technik von innen komplett aus Plastik ist oder aus geschliffenem Edelstahl. Das sind nur technische Daten, die kann ich vielleicht am Rand irgendwo erwähnen, aber ich möchte die Emotion in ihm wecken. Wir hatten einen Auftrag einen Fotorahmen darzustellen. Der Rahmen besteht aus Bambusholz und ist umweltfreundlich. Ich frage: Was ist wichtiger, permanent auf Bambusholz herumzureiten oder zu sagen „behalten Sie Ihre schönsten Erinnerungen“? Schöne Stimmung in deinem Zuhause zu erschaffen lautet die Aussage. Meine Frau liebt Fotorahmen über alles und wir haben rund 400 Bilder von allen möglichen Situationen an den Wänden hängen. Wenn du nah an eine der Wände gehst und du bist deprimiert, geht es dir auf einmal wieder besser, weil du einfach schlagartig die ganzen schönen Erinnerungen wiederbelebst. Das musst du dem Kunden verkaufen.

 

Aktuell haben wir den Auftrag einen Whirlpool zu fotografieren. Auch hier werden wir Emotionen erzeugen und eine positive Stimmung schaffen. Du sitzt da mit deiner Freundin, mit deinem Freund, mit deinen Kindern und mit deinen Haustieren. Es ist schön warm, du hast Spaß. Wie schnell die Pumpe umwälzt, ist natürlich eine wichtige Frage, die wir auch in den Bildern beantworten. Aber es geht uns nicht primär darum. Ich mache keine technische Zeichnung, ich mache auch keine Bedienungsanleitung. Ich sage zum Beispiel, dass die Pumpe angeschlossen werden kann, das Ventil besteht aus Hartplastik und die weiteren notwendigen Produktinfos. Aber das Bild selbst, das ist eine glückliche Familie. Es ist Sommer, es ist schön warm und jemand genießt seinen Drink. Die Emotionen, die ausgelöst werden, sind wichtig. Wir gehen nicht darauf ein, dem Kunden zu sagen, wie der Kaufvorgang funktioniert. Das weiß er und das brauchen wir nicht zu erklären. War wir ihm erklären, ist was danach kommt. Wie willst du dein Produkt benutzen? Wie ist die Ich-Perspektive aus Kundensicht, wenn er das Produkt in der Hand hält und zum Beispiel bei einem Sportgerät damit trainiert und damit Übungen ausführt? Wie wirst du dich dabei fühlen? Das müssen wir dem Kunden in den Produktbildern beantworten. Er muss sich angesprochen fühlen und muss quasi mit dem Ganzen interagieren. Wenn man den Käufer, also den Endkunden kennenlernt, die Zielgruppe kennenlernt und weiß, wie diese Zielgruppe tickt, ob sie per Du oder per Sie angesprochen werden möchte, dann kann ich das entsprechend einsetzen. Wenn ich beim Dia-Scanner sagen würde „hol dir deine geilsten Erinnerungen“, dann würde sich die alte Dame eventuell nicht angesprochen fühlen.

 

Lindner: Wahrscheinlich nicht. Mein Vater wäre sauer, wenn er so angesprochen werden würde.

 

Mohamad: Entsprechend würde ich sie natürlich siezen. Umgekehrt ist es bei einem jungen Burschen, der sich eventuell ein Smart-Keyboard kaufen will. Er würde es nicht unbedingt toll finden, gesiezt zu werden. Das wirkt für ihn dann so ein bisschen zu trocken. Der möchte dann eher so locker flockig angesprochen werden. Dementsprechend müssen natürlich das Design und die Farben dazu passen und „fresh“ aussehen. Beim Dia-Scanner muss es eher neutral und nüchtern aussehen. Es gibt immer verschiedene Ausrichtungen und die hängen vom Produkt und von der Zielgruppe ab.

 

Lindner: Es ist sehr spannend, was du sagst. Vor allen Dingen die Psychologie, die du gerade beschrieben hast, denn die, die kommt ja immer wieder vor. Die ist jetzt ja nicht nur auf Produktfotografie gemünzt. Das, was du gerade beschrieben hast, das wird auch im E-Mail-Marketing sehr oft eingesetzt. Im Prinzip ist es ja so, dass ich keine Pille zum Abnehmen verkaufe, sondern ich verkaufe Schönheit. Ich verkaufe Wohlbefinden, Gesundheit und Attraktivität. Meine Freunde bewundern mich, weil ich plötzlich gut aussehe und ich mich selbstbewusster bewegen kann. Ich verkaufe also das Gefühl, was danach entsteht, nachdem ich das Produkt erfolgreich eingesetzt habe. Das funktioniert in der Produktfotografie wahrscheinlich ganz genauso. Das muss man wissen und dann kann man das gut kombinieren. Das Bild im Amazon-Listing kann das kommunizieren, ebenso die Bullet Points. Wie du schon sagtest, diese technischen, langweiligen Details, die würde ich in die Produktbeschreibung reinsetzen. Wer sich dafür interessiert, der findet sie auch weiter unten.

 

Mohamad: Es ist nicht nur der Sinn und Zweck, weshalb wir uns das Produkt kaufen möchten. Nehmen wir als Beispiel meine Maus. Das ist eine Logitech MX 2. Warum habe ich sie gekauft? Ich kann mir auch so eine billige Maus für 10 Euro kaufen. Was hat diese Maus was die anderen Mäuse nicht haben? Oder mein Grafiktablett, warum das und kein anderes? Für all diese Fragen muss ich von vornherein ein Gefühl dafür entwickeln, was sie mit mir machen und wie ich mich mit diesen Produkten weiterentwickeln kann. Es ist ja natürlich auch irgendwo ein sozialer Kontakt oder eine soziale Anerkennung ausschlaggebend. Auch ist es wichtig zu wissen, warum jemand sich einen Porsche kauft und nicht Fahrrad fährt. Teilweise sind das ja auch Statussymbole wie beispielsweise Schmuck. Wenn ich edlen Schmuck aus Gold mit Diamanten oder mit Perlen besetzt fotografiere, dann kombiniere ich das nicht mit einem Model im Schlabberlook, sondern das Model muss ein schönes Kleid haben und die Atmosphäre muss ansprechend und passend sein. Der Kunde muss sich darin auch wiedererkennen können. Das sind Symbole, die dazu dienen, dass man in der Gesellschaft auch irgendwie wahrgenommen wird.

 

Lindner: Ja, Apple macht das ausgezeichnet. Die haben das wirklich drauf und wissen, wie sie ihre Produkte gut an den Mann bringen. Die langweilen die Leute auch wenig mit technischen Details, denn sie sagen einfach nur: Das ist das schnellste iPhone, was wir jemals gebaut haben. Es ist jedem klar, denn sie bauen ja kein langsameres, als iPhone der nächsten Generation. Alleine die Aussagen funktionieren schon, um es zu verkaufen. Das funktioniert definitiv. Ich glaube, das kannst du vielleicht bestätigen, dass einige Händler, das im Bereich der Produktfotografie noch gar nicht so verstanden haben. Ich glaube, auch die Asiaten haben das noch nicht so richtig verstanden, denn sie stellen, auch wenn sie mittlerweile emotionsgeladene Bilder bringen, noch immer die technischen Details in den Vordergrund.

 

Mohamad: Oh, da muss ich dir sehr stark widersprechen. Ich habe auch letztens einen Beitrag dazu auf einigen Plattformen veröffentlicht. Ich persönlich bin der Meinung, dass die Asiaten bessere Bilder haben als die Händler, die in Deutschland verkaufen. Wir können gerne den Test machen. Du kannst bei Amazon „Bluetooth Headset“ eingeben und wenn du auf den ersten vier Seiten einen Händler aus Deutschland findest, gehen wir zusammen einen trinken und ich gebe einen aus. Gibt es natürlich nicht, aber warum nicht? Es gibt hunderte Händler, die in Deutschland „Bluetooth Headset“ verkaufen. Wieso sind sie in den ersten vier Seiten in der organischen Suche nicht auffindbar?

 

Lindner: Na ja, aber das liegt glaube ich nicht nur an den Fotos.

 

Mohamad: Aber hast du dir die Bilder mal angeschaut?

 

Lindner: Ich gucke mir viele Bilder an und ich gebe dir vollkommen recht, dass die Bilder bei den Asiaten gut sind. Deswegen sag ich ja, die wissen schon so ein bisschen, was sie tun und sie werden immer besser.

 

Mohamad: Die Texte sind grottenschlecht. Von Chinesisch in Bulgarisch, von Bulgarisch ins sri-lankische und dann auf Deutsch übersetzt. Da verstehst du kaum, was gemeint ist. Aber die Bilder sind klasse und der Kunde kauft deswegen. Das ist der Beweis, dass der Kunde sich kaum noch Texte durchliest. Er schaut nur, was oben von Amazon präsentiert wird, klickt das an, schaut sich die Bilder an, bei denen alle Fragen in der Galerie beantwortet sind. Alles klar, Produkt in den Warenkorb und tschüss. Morgen ist es sowieso da, denn ich habe Prime.

 

Ich versuche nicht, alle Informationen in ein Bild zu packen, weil dann die Spannung weg ist und der Kunde schaut sich nur noch irgendwelche Bilder an, wo man das Produkt in die eine Richtung hält, dann in die andere Richtung hält und dann liegt es noch auf der Wiese. Nein, ich versuche die Spannung vom Titel bis zum letzten Bild aufrechtzuerhalten, damit der Kunde immer einen Grund hat, weiterzuklicken, bis die Kaufentscheidung auch wirklich sitzt. Eines meiner besten Bilder ist das von einer Bratpfanne. Der Kunde hat uns gesagt, die Pfanne besteht aus Schichten. Klar, ich hätte einfach die Bratpfanne fotografieren können, die Schichten darauf schreiben können und fertig ist das Bild. Ich dachte mir, das wirkt ein bisschen zu langweilig und versuche mal etwas, was ich vorher noch nicht gemacht habe. Das Ganze quasi mit Layern, also einzelnen Ebenen übereinander oder in dem Falle voreinander und hintereinander aufzuzeigen, damit der Kunde auch diese Visualisierung hat. Deswegen meine ich ja, er braucht sich die Texte nicht durchzulesen, denn sobald er die fünf Schichten sieht, weiß er schon automatisch, es handelt sich um mehr als nur eine einfache Bratpfanne.

 

Lindner: Jetzt sprechen wir doch über ziemlich technische Fotos. Das sind ja keine Emotionen, das ist mehr rein informell. Wenn wir jetzt mal in der Reihenfolge vorgehen, beim Hero-Image, das hat weißen Hintergrund, da können wir nicht viel machen. Ab Bild 2 kann man sich schon ein bisschen mehr in Form von Stimmungen und Informationen auslassen. An welche Position würdest du so ein Bild, also ein informelles Bild, packen?

 

Mohamad: Der Händler selbst entscheidet, welches Bild er wo hinpacken möchte. Manchmal gebe ich aber auch einen Tipp und schreibe in der E-Mail: Ich würde erst Bild 1, dann daneben Bild 2 nehmen. Alternativ nummeriere ich sie und erkläre dem Kunden den Hintergrund, weshalb ich das vorschlage. Mein Auftraggeber, also der Händler, ist frei in seiner Entscheidung und kann nach seinem Ermessen die Bilder in welcher Reihenfolge er möchte, einsetzen.

 

Lindner: Es ist aber deine Expertise, denn wenn du sagst, es lässt sich eine Spannung aufbauen, wenn Bild 2 so aussieht, dazu noch informelles und dann geht es so langsam in den Stimmungsteil über oder eben auch umgekehrt.

 

Mohamad: Du hast jetzt gesagt, diese Pfanne wirkt zu technisch. Wenn man sich den Preis für diese wirklich sehr hochwertige Bratpfanne anschaut, dann ist das keine Bratpfanne, die du bei Aldi im 6er-Set für 29,95 € bekommst, denn es ist nicht so ein einfaches Discounter-Produkt. Das heißt, wenn ich dem Kunden von vornherein triggern möchte und ihm sagen will „Hey, schau dir die weiteren sechs Bilder an, es wird sich lohnen“, dann muss ich ihm doch einen Grund geben, denn die Pfanne ist nicht günstig. Wie halte ich ihn fest? Ich gebe ihm von vornherein einen Köder, den er schlucken soll. Den nimmt er an und sieht, dass das eine sehr hochwertige Bratpfanne ist und er ist bereit, sich gleich noch die restlichen Sachen anzuschauen. Dafür teile ich ihm erst einmal mit, dass die Bratpfanne unbegrenzt wieder beschichtbar ist. Das übernimmt der Händler selbst. Dazu kannst du dann deine Bratpfanne hinschicken und er beschichtet sie wieder neu und schickt sie dir anschließend zurück. Dann sind da noch die weiteren Schichten, wie die dreifache Antibehaftungs-Schicht, die Edelstahlschicht, die leitende Aluminiumschicht und zuletzt die für Induktion geeignete Edelstahlschicht. Das heißt, diese Bratpfanne kann man auf alle möglichen Herden, ob das ein Gas-, ein Elektro- oder Induktionsherd ist, benutzen. Sie funktioniert überall, sogar im Ofen. Warum? Weil da nirgendwo etwas aus Plastik dran ist.

 

Nehmen wir ein weiteres Beispiel. Ich nenne nicht die Zusammensetzung von einem Arganöl, sondern, ich sage, wie schön man danach aussehen würde. Welche Vitamine da drin sind, wird zwar erwähnt, aber das steht hier nicht im Fokus? Was siehst du als allererstes? Siehst du das Vitamin E? Oder siehst du, dass es Pickeln und anderen Hautunreinheiten vorbeugt? Nein, du siehst eine schöne Frau, eine glatte Haut, glatte Haare und schöne Nägel. Darauf kommt es an. Wir wollen der Kundin sagen, dass sie, wenn sie dieses Arganöl benutzt, ebenfalls diese Vorteile haben könnte, die es mit sich bringt. Aber wir bleiben erst mal im Konjunktiv, denn man muss natürlich auch darauf achten, dass keine unerlaubten Aussagen getätigt werden. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass wir dem Kunden auch sagen, wenn er Aussagen verwendet, die so nicht gestattet sind.

 

Lindner: Das muss ich gerade noch erzählen, denn ich hatte einen Kunden, der wollte eine Faltencreme in China fertigen lassen und dann Q10, die Falten reduzierende Technik, darauf drucken lassen, ohne einen Test der Creme bei einem Dermatologen durchführen zu lassen. Ich habe den Kunden natürlich darauf hingewiesen, dass er das so nicht einfach darf.

 

Mohamad: Ja, das Produkt ist zertifiziert. Wir haben auch die Zertifikate für Kunden in die Bilder eingebaut. In unseren Referenzen haben wir immer nur ein Bild des Produkts eingebaut, denn ich kann ja nicht die gesamten Bilder von einem Händler reinsetzen. Deswegen benutzen ja wirklich nur ein Bild und zeigen halt die Referenzen. Dann kann man, wenn man bei Amazon Arganöl eingibt und man weiß jetzt, wie die Flasche aussieht, erkennen, dass die Arbeit von uns ist.

Als weitere Referenz auf unserer Seite findet man ein Bild von Zahnseide. Was eine Zahnseide ist, das weiß jeder. Was sind hier die wichtigsten Punkte, die du dir sofort anschaust oder wobei du gleich verstehst, worum es geht? Erst mal ist sie dreißig Meter lang. Das heißt, wenn ich jedes Mal so um die vierzig Zentimeter herausziehe, kann man sich vorstellen wie lange sie hält und vor allem, was sehr wichtig ist und was sofort ins Auge fällt ist, dass sie nach Pfefferminz schmeckt. Genau diese Information haben wir direkt im Bild mit eingebaut, sodass der Kunde direkt erkennt, das ist nicht nur eine Zahnseide, sondern sie hat auch noch einen Geschmack, und zwar nach Minze. Sofort fühlt man den Geschmack, wenn man das Bild betrachtet.

 

Lindner: Lass uns mal über dieses Bild mit der Zahnseide reden, denn da bin ich jetzt neugierig geworden. Du schreibst Länge dreißig Meter. Diese Zahl finde ich jetzt nichtssagend, weil ich nicht weiß, wie lange ein dreißig Meter langes Band hält. Was bringt mir das? Wenn da jetzt stehen würde „Vorratspackung für zwei Monate“ und ich weiß, man benutzt am Tag zweimal eine ungefähre Länge von zwanzig Zentimetern, kann ich mir doch ausrechnen, wie lange der Vorrat hält.

 

Mohamad: Das ist eine vollkommen legitime Frage und wir haben das mit dem Kunden auch besprochen. Aber dann stellt sich die Frage, ob das ein Ein-Mann-Haushalt oder ein Mehrpersonenhaushalt ist. Wie oft wird in dem Haushalt die Zahnseide benutzt? Nutzen sie alle nach dem Frühstück, nach dem Mittagessen und nach dem Abendessen? Wir müssen dann auch irgendeine Richtzahl geben und dann kann es irritieren. Bei dreißig Metern hingegen weiß ich ganz genau, ich habe eine gewisse Anzahl Personen, die das mehrfach am Tag nutzen. Dann weiß jeder für sich, wie lange es halten wird. Bei anderen Produkten, wie den Air Wick-Raumsprays kann man das schreiben. Wenn man das Gerät auf die höchste Stufe einstellt, kann man getrost schreiben, das es bis zu sechzig Tagen hält und sechzig Tage Frische bietet. Ausgenommen natürlich, es wird herausgeholt und damit herum gesprüht, dann stimmt die Aussage natürlich nicht. Aber wenn du es in diesem elektrischen Automaten lässt, der alle dreißig oder vierzig Sekunden oder einmal die Minute sprüht, dann hast du wirklich eine garantierte Zeit bis zu sechzig Tagen. Dann ist es auch vollkommen richtig, diese Zahl anzugeben, ohne dass du eine negative Bewertung dafür bekommst.

 

Lindner: Jetzt hab ich noch eine weitere Frage bezogen auf Lizenzen von Stockfotos. Darf ich die einfach für mein Amazon-Listing benutzen?

 

Mohamad: Ja, wobei wir natürlich spezielle Verträge dazu haben. Das ist ja nicht so, dass wir einfach auf die Jagd gehen und uns irgendwelche Bilder suchen, um sie einfach so zu nutzen. Wir wollen ja nicht, dass unser Kunde eine Abmahnung bekommt. Bei uns werden nur lizenzierte Bilder verwendet, die wir auf uns lizenzieren lassen und die im E-Commerce-Bereich eingesetzt werden dürfen. Die Lizenz dürfen wir auch entsprechend an unsere Kunden weitergeben. Das ist alles rechtlich genau abgesichert und intern vermerkt, an wen welches Bild gegangen ist.

Lindner: Das heißt, ihr besorgt die Stockfotos, das macht nicht euer Kunde selbst?

 

Mohamad: Manchmal ist es auch der Fall, dass der Kunde ganz besondere Stockbilder haben möchte, und zwar nur diese speziellen. Meist hat er selber auch einen Account bei irgendeiner Plattform und schickt uns dann auch die Bilder oder gibt uns die Zugangsdaten und wir laden uns die Bilder herunter. So etwas haben wir auch schon gehabt, aber es ist eher die Ausnahme. In der Regel kümmern wir uns darum.

 

Wichtig ist uns auch, dass unsere Bildmontagen stimmig und hochwertig sind. Wenn ich mir jetzt als Kunde ein Bild anschaue, dann überlege ich nicht, ob das Produkt, zum Beispiel Kopfhörer, real oder hinein retuschiert sind. Was ich mich jetzt fragen würde ist, ob sie bequem an meinem Ohr sitzen, ob es einen HiFi-Stereo-Sound hat und ob die Kopfhörer nicht zu lang oder zu kurz sind. Das Ambiente muss ansprechend sein, was es ist, wenn jemand entspannt sitzt und Musik hört. Wenn ich das gleiche Produkt noch mit einer Frau beim Joggen darstelle, suggeriert das, dass man sich mit diesen Kopfhörern auch bewegen kann. Auch die Leistung wird nicht in technischen Werten angeben, sondern in Betriebsdauer.

 

Im Bereich der Titelbilder gibt es auch eine kleine Grauzone, die man ausnutzen kann und die wir durchaus kennen. Natürlich darf das Bild nur vor einem weißen Hintergrund gezeigt werden, aber die Art wie ich es zeige, ist die Kunst dabei. Man kann kleine grafische Hinweise ins Bild einbauen, die auf spezielle Funktionen oder Eigenarten deuten ohne, dass man dafür Text verwendet. Der Betrachter nimmt das dann unterbewusst wahr.

 

Ich möchte noch eine weitere Problematik ansprechen, die bei Händlern vorherrscht, die selber ihre Produkte machen: Der Tunnelblick. Wenn ich jahrelang nur darauf fixiert bin, zum Beispiel einen Kühlschrank zu bauen, dann bin ich immer damit beschäftigt, mich mit den Zahlen zu beschäftigen. Dann haben sie wirklich so einen starren Blick auf ihr Produkt, dass sie nur das wahrnehmen. Das bezeichnet man als Tunnelblick. Eine Agentur oder eine Firma, die permanent alle möglichen Produkte hat und in jeglicher Hinsicht komplett breit denken muss, wie ein Adler von oben, hat diesen Tunnelblick nicht. Du siehst oder du findest neue Punkte, die vorher nicht als Anwendung gedacht waren. Ein Beispiel dazu wäre ein Fahrradlicht. Das hat mich wirklich umgehauen, denn das kannst du an einen Rollstuhl hängen und dann ist das ein Rollstuhllicht statt eines Fahrradlichts. Damit wurde eine komplett neue Anwendung dafür gefunden und es wird auch unter dieser Bezeichnung verkauft. Diese Psychologie dahinter, die ist wirklich sehr interessant. Das muss man den Kunden dann auch dementsprechend mitgeben und mitteilen, damit auch er versteht, worum es geht. Oder nimm die Pommes-Schaufel, die zu einer Lego-Schaufel umfunktioniert wurde und auch als solche bei Amazon verkauft wird. Würde man die Schaufel selber herstellen, würde sie nur als Pommes-Schaufel gesehen werden. Eine Agentur hingegen findet andere Nutzungsmöglichkeiten und so wurde daraus dann die Lego-Schaufel. Es entstehen neue Kaufanreize, durch die Umfunktionierung eines Produktes.

 

Lindner: Alles sehr, sehr spannend und hochinteressant. Ich glaube auch, dass die Reihenfolge der Bilder sehr wichtig ist. Macht ihr A/B-Tests, um einfach zu gucken, wie es die Conversion beeinflusst, wenn ich die Reihenfolge der Bilder verändere?

 

Mohamad: Beim Titelbild machen wir das. Wir haben das zum Beispiel mit einem Kunden der Messersets verkauft, gemacht. Das wiederum orientiert sich an der typischen Verkaufspsychologie, die ich bereits angesprochen habe. Es gibt ein Modell, das lässt sich im Internet finden, das nennt sich SOR, was Stimulus, Organismus und Reaction bedeutet. Wenn man sich diese Studie durchliest, kann man erkennen, wie man bestimmte Signale setzt, die eben bewusst wahrgenommen werden. Das ist dann quasi der Stimulus, also der Reiz, dann gibt es halt den Organismus, ich deklariere es als Mensch, der nimmt diese Signale auf und dann kommt die Reaction, also die Reaktion und dabei handelt es sich um die Kaufentscheidung.

 

Mit dem A/B-Test wollten wir sehen, unter welchen Bedingungen man dieses Messerset kauft. Einmal haben wir es mit einem Steak, also mit Fleisch und einmal mit Gemüse abgebildet. Es gibt Vegetarier oder Veganer und es gibt natürlich die normalen Fleischesser. Wir wollten also sehen, welches Bild besser ankommt, besser konvertiert. Das Bild mit Fleisch oder das mit Gemüse? Der Großteil der Menschen, die in Deutschland leben, sind Fleischesser. Dennoch hat das Bild mit dem Gemüse besser konvertiert. Man kann jetzt natürlich sagen, dass die Vegetarier Besserverdiener sind, weil sie es sich leisten können, eher Gemüse zu kaufen, da Fleisch teurer als Gemüse ist. Dazu gibt es viele Studien. Aber wir haben festgestellt, dass das Bild mit dem Gemüse besser  konvertiert hat, als das Bild mit dem Fleisch und das, obwohl da ein Steakmesser und ein Filetmesser und diverse andere Messer in dem 6er-Set dabei waren, die auch als Fleischmesser benannt waren. Aber auf dem Titelbild ist einfach so ein Haufen Gemüse und daneben steht das Messerset. Dieses Bild hat besser konvertiert als das andere, auf dem Fleisch zu sehen war.

 

Lindner: Super spannend. Ich glaube, dass der A/B-Test absolut wichtig ist. Das Hero-Image ist sehr wichtig, aber ich glaube, man sollte mit der Reihenfolge der Bilder ruhig mal ein bisschen spielen, um die Customer Journey zu sehen und zu wissen, wo man die Kunden eigentlich abholt. Ich glaube, es ist bei Frauen auch ganz anders als bei Männern. Ich will wissen, wenn ich ein technisches Gerät kaufe, wie viel Speicherkapazität das hat, eine Frau eher nicht. Apple macht das bei seinem iPod ganz gut. Bei der Vorführung des iPods hat Steve Jobs nicht gesagt, das Ding hat ein Gigabyte, sondern 1000 Songs in der Hosentasche. Das ist es, was die Leute hören wollen.

Mohamad: Das ist wieder die Verkaufspsychologie, die zum Einsatz kommt. Da gibt es den Kontrasttrick, den Expertisentrick und bei bestimmten Produkten den sozialen Trick, wenn der Kunde sich mit dem Produkt besonders abheben möchte. Die Ich-Perspektive des Kunden muss angesprochen werden. Außerdem darf man nie etwas verneinen oder eine negative Aussage machen. Wenn bei einem Produkt keine Batterien enthalten sind, dann muss ich das nicht erwähnen oder gar hervorheben. Der häufigste Fehler, den Verkäufer machen, ist zu schreiben: Achtung, Batterie nicht im Lieferumfang enthalten. Wir hingegen erwähnen das nicht. Schreibt man groß dabei „Achtung, keine Batterie“, dann ist das gleichbedeutend mit „Kunde, kaufe woanders“. Man muss immer darauf achten, die Produktbeschreibung so zu halten, dass nicht enthaltene Objekte, nicht groß und auffällig erwähnt werden, sondern nur die enthaltenen Bestandteile zu benennen.

 

Lindner: Hast du noch ein paar letzte Worte, die du sagen möchtest?

 

Mohamad: Ich wende mich an die Händler, die ihre Produkte gerne selber fotografieren möchten. Beachtet bitte, wenn ihr schon lange Jahre in einer bestimmten Produktnische tätig seid, dass ihr euer Produkt sehr gut kennt. Ihr habt die Expertise dazu, wisst, welche Sicherheiten wie Zertifikate gebracht werden müssen, aber euch fehlen bestimmte Kenntnisse in anderen Bereichen. Dafür gibt es Firmen, die sich genau auf die einzelnen Bereiche wie Fotografie, Produktrecherche oder Text spezialisiert haben und dir damit helfen können ein Amazon-Bestseller zu werden. Lasse jede einzelne Sparte von einem Experten machen, was eine größere Chance bietet stark zu wachsen und ganz nach oben zu kommen.

 

Weitere Informationen und alternativen zu den bekanntesten Programmen findest du hier

https://www.smart-minded.com/business/helium-10-alternativen/